Lärm- und Erschütterungsschutz
Züge sollen leiser werden – an diesem Ziel arbeitet die Deutsche Bahn gemeinsam mit der Politik. Mit dem „Schienenlärmschutzgesetz“ wurde ein wichtiger Schritt in diese Richtung gemacht: Seit dem Fahrplanwechsel 2020/21 ist der Einsatz lauter Güterwagen in Deutschland verboten. Durch die vollständige Umrüstung aller Güterwagen von DB Cargo und die Lärmsanierung an 2.000 Kilometern Strecke wurde der Schienenverkehrslärm bis 2020 im Vergleich zum Jahr 2000 bereits halbiert. Damit wurde das Lärmschutzziel für 2020 fristgerecht erreicht. Bis zu den Jahren 2030 und 2050 hat die Deutsche Bahn sich weitere Ziele zur Reduzierung des Zuglärms gesteckt.
Auch beim Aus- und Neubau der Schienenanbindung der Festen Fehmarnbeltquerung liegt ein besonderer Schwerpunkt beim Lärmschutz. Schalltechnische Untersuchungen sind fester Bestandteil der Planung; die Ergebnisse werden auf Basis von Bundesgesetzen und -richtlinien erfasst und bewertet. Darüber hinaus werden zusätzliche Schutzmaßnahmen auf Basis des Bundestagsbeschlusses vom 2. Juli 2020 umgesetzt.
Werden Strecken neu gebaut oder wesentlich baulich verändert, schreibt das Bundes-Immissionsschutzgesetz (BImSchG) von 1974 vor, dass Anwohner und Umwelt nicht durch den Lärm geschädigt werden dürfen. Bei der Schienenanbindung der Festen Fehmarnbelt-querung greift die sogenannte Lärmvorsorge.
Untersuchungen zu schalltechnischen Auswirkungen nach BImSchG sowie zugehöriger Bundes-Immissionsschutzverordnung sind Bestandteil des Bauvorhabens. Die Berechnung von Schallausbreitungen gemäß Richtlinie Schall03 sowie Ableitung von Schutzmaßnahmen werden von Experten vorgenommen. Mit Neufassung der Schall03 werden komplexe EDV-Programme angewandt, wodurch Einflüsse wie Reflexionen an Gebäuden und Wasserflächen, Fahrflächenzustand, unterschiedliche Fahrzeugarten und innovative Maßnahmen berücksichtigt werden.

Bei der Schienenanbindung der Festen Fehmarnbeltquerung können laut Lärmschutzkonzepten aus 2017 nach den gesetzlichen Rahmen über 91 Prozent der Schutzfälle mit aktiven Schallschutzmaßnahmen wie Schallschutzwänden gelöst werden. Alle weiteren Schutzfälle können durch passive Lärmschutzmaßnahmen geschützt werden. Für die Umsetzung der möglichen Lärmschutzmaßnahmen werden rund 87 Millionen Euro investiert.
Schallschutz ist und bleibt ein zentrales Thema im Projekt FBQ. Alle aktuellen Informationen zum Thema finden Sie in dieser neuen Broschüre.
Es gibt eine Vielzahl lärmmindernder Technologien an der Infrastruktur. Bei den Lärmschutzmaßnahmen unterscheidet man zwischen aktiven und passiven Maßnahmen. Aktiv nennt man solche, die den Lärm direkt da mindern, wo er entsteht oder solche, die auf dem Ausbreitungsweg des Schalls wirken.
Zu den aktiven Schallschutzmaßnahmen zählen Lärmschutzwände/-wälle sowie innovative Maßnahmen wie Schleifverfahren, niedrige Schallschutzwände und Schienenstegdämpfer/-absorber. Davon werden am häufigsten Lärmschutzwände aus Aluminium eingesetzt. Diese haben eine hohe Schutzwirkung, sind leicht einsetzbar und gut zu recyclen.
Manchmal lassen städtebauliche oder topographische Situationen den Bau von Lärmschutzwänden nicht zu oder die Wände sind zur Einhaltung der Immissionsgrenzwerte nicht ausreichend. In diesem Fall kommen passive Schutzmaßnahmen wie Schallschutzfenster, teilweise auch Dämmung von Außenwänden und Dächern zur Anwendung, um die zugelassenen Grenzwerte in Schlaf- und Wohnräumen zu gewährleisten.

Die Reduzierung des Lärms unmittelbar an der Quelle wirkt auf dem gesamten Streckennetz. Der Einsatz leiser Bremstechnologien im Schienengüterverkehr ist deshalb die wichtigste Maßnahme zur Bekämpfung des Lärms von der Schiene.
Die größte Lärmquelle ist das Rollgeräusch von Güterzügen, das vor allem durch Bremsklötze aus Grauguss verursacht wird. Beim Bremsvorgang rauen diese die Räder auf – und raue Räder verursachen laute Rollgeräusche während der Fahrt. Fahren die Züge dagegen mit Bremsen aus Verbundstoff, wird das Rollgeräusch von Güterzügen in der Vorbeifahrt um bis zu 10 dB (A) reduziert, das entspricht einer gefühlten Halbierung des Lärms.
Moderne Verbundstoffbremse (Foto: DB AG/Oliver Lang)
Die Bestandsgüterwagen der DB Cargo werden bis Ende 2020 auf die LL-Verbundstoffbremssohle umgerüstet sein, neue Wagen werden bereits seit 2001 mit leisen Bremssohlen beschafft. Die DB geht davon aus, dass die übrigen Wagenhalter diesem Beispiel folgen werden.
Ende 2019 fuhren rund 57.600 Güterwagen der Deutschen Bahn leise durch Deutschland. Damit rollen mittlerweile über 90 Prozent der Güterwagenflotte der DB Cargo auf leisen Sohlen. Bis zum Ende des Jahres 2020 hat sich die DB vorgenommen, nur noch leise Güterwagen einzusetzen.
Um das Portfolio von Lärmschutztechniken an der Strecke zu erweitern, kooperiert das BMVI mit der Deutschen Bahn seit April 2016 im Rahmen der “Initiative - Lärmschutz Erprobung neu und anwendungsorientiert“ (I-LENA). Das Gemeinschaftsprojekt schafft die Voraussetzung, um fortschrittliche Ideen, Prototypen und Produkte auf Streckenabschnitten der Deutschen Bahn zu testen. Die akustischen Messungen entlang der Teststrecken lassen so eine Überprüfung des Lärmminderungspotenziales im realen Betrieb zu. Zur Teilnahme am Projekt I-LENA werden neben der Bereitstellung eines anwendungsreifen Prototyps auch die bautechnische Erprobungszulassung durch das Eisenbahn-Bundesamt und die DB AG benötigt. Wirtschaftlichkeit und Einfluss auf das Landschaftsbild sind weitere Kriterien für die Auswahl. Ein- und Ausbau des Produktes sowie die umfassende Erprobung müssen bis zum Ende des Projektes 2020 gewährleistet sein.
Niedrige Schallschutzwände (Foto DB Netz AG)
Schienenstegdämpfer (Foto: DB AG/Volker Emersleben)
Um Innovationen in Punkto Lärmschutz zu fördern, hat der Bund in den vergangenen Jahren eine Reihe von Programmen initiiert, in deren Rahmen die Deutsche Bahn neue Technologien testen und teilweise in den Betrieb aufnehmen konnte. Aufgrund beschränkter Wirksamkeit und erhöhten Instandhaltungskosten muss die Anwendung innovativer Maßnahmen im Einzelfall betrachtet werden und ist je nach Ortslage abzuwägen. Hierbei ist festzuhalten, dass die innovativen Technologien herkömmliche Lärmschutzmaßnahmen nicht ersetzen, sondern in bestimmten Fällen eine Ergänzung darstellen können.
Forschungsprojekte an Güterwagen
DB Cargo und Europas größter Wagenhalter VTG erproben im BMVI Forschungsprojekt „innovativer Güterwagen“ gemeinsam Technologien zur Reduzierung des Lärms sowie zur Erhöhung der Wirtschaftlichkeit des Schienengüterverkehrs. Das Projekt hat ein Volumen von 17 Millionen Euro und läuft bis Ende dieses Jahres. Es werden verschiedene innovative Komponenten kombiniert und eingebaut – beispielsweise wird die Wirkung von Lärmschürzen in Kombination mit innovativen Bremssystemen und Raddämpfer an ausgewählten Güterwagen-Gattungen getestet.
Aktuell beteiligt sich die Deutsche Bahn an „Shift2Rail“, dem gebündelten EU-Forschungsprogramm für den Schienensektor. Die DB ist Mitglied im zentralen Steuergremium. Mit einem Gesamtbudget von knapp eine Milliarde Euro für das EU-Projekt sollen bis zum Jahr 2020 verschiedene Innovationen am Rollmaterial, aber auch an der Infrastruktur erarbeitet werden. Zahlreiche Projektanträge zum Thema Lärm wurden eingereicht, beispielsweise ein energie- und lärmoptimierter Wagenkasten oder ein LCC-günstiges und lärmarmes Güterwagen-Drehgestell.
Lärmschutzsimulation Bad Schwartau
Im Zuge der Projektkommunikation für die Schienenanbindung der Festen Fehmarnbeltquerung wurde Ende September 2017 in der ostholsteinischen Stadt Bad Schwartau vom Fraunhofer Heinrich Hertz-Institut (HHI) eine ortsspezifische Lärmschutzsimulation durchgeführt. Hierbei kamen spezielle Mikrofon- und Kamerasysteme zum Einsatz, die sowohl die Aufzeichnung eines dreidimensionalen Schallfeldes, als auch eines nahtlosen, hochauflösenden Panoramavideos ermöglichen. Auf Basis der Aufzeichnung des dort verkehrenden Regionalverkehrs wurden die geplanten Lärmschutzmaßnahmen auf dem Streckenabschnitt, sowie die Lärmemissionen des zukünftigen Güterverkehrs audiovisuell simuliert. Eine mobile Tabletversion dieser Simulation ermöglicht nun eine verbesserte Anwohnerkommunikation.
Die ortsspezifische Lärmschutzsimulation ist seit ihrer Einführung ein fester Bestandteil im Kontakt und Austausch mit allen Projektbeteiligten um einen realitätsnahen Eindruck des zukünftigen Streckenabschnitts und seiner Lärmimmissionen zu ermöglichen. Die Kooperation mit dem HHI wird in der Öffentlichkeit durchaus als wichtiges Kriterium für die Glaubhaftigkeit gesehen, dass die Simulation unabhängig erstellt wurde und den Schienenverkehrslärm sowie die Wirkungen der Lärmschutzmaßnahmen realitätsnah wiedergibt.
Da Visualisierungen durch innovative Entwicklungen heute allgegenwärtig sind, werden diese Maßnahmen auch im weiteren Planungsprozess im Projekt Schienenanbindung FBQ aber auch anderen Schieneninfrastrukturprojekten häufiger zum Einsatz kommen. Die Erfahrungen aus dem Norden zeigen, dass so der Bürgerdialog gestärkt wird und technische Planungsunterlagen zum Thema Lärmschutz verständlicher und transparent kommuniziert werden können.
IST-Zustand beim Regionalverkehr
Plan-Zustand mit 6 Meter hoher Schallschutzwand für Regionalverkehr
Erschütterungsschutz
Erschütterungen sind Schwingungen, die sich unter anderem durch Eisenbahnverkehre im Boden ausbreiten. Anwohner an Schienenwegen können diese in ihren Wohnhäusern wahrnehmen. Bei Neu- und Ausbauvorhaben sind Erschütterungen ein wichtiger zu berücksichtigender Aspekt.
Das Gesetz zum Schutz vor schädlichen Umwelteinwirkungen (Bundes-Immissionsschutzgesetz) verweist u.a. auf Erschütterungen. Jedoch enthält das Gesetz keine Regelungen, Immissionsgrenzwerte oder Beurteilungsverfahren. Die Bewertung erfolgt über Anhaltswerte aus der DIN 4150 für Erschütterungen und anhand der 24. BImSchV für den sekundären Luftschall. Die Anhaltswerte variieren tags und nachts sowie nach Schutzbedürftigkeit. Im Gegensatz zu Neubaustrecken wird bei Umbau- und Ausbaumaßnahmen eine Vorbelastung miteinbezogen. Eine spürbare Erhöhung von 25 Prozent der Erschütterungen und eine Erhöhung von 3 dB(A) des sekundären Luftschalls führen zu Schutzansprüchen.
Im Rahmen der Planungen zur Schienenanbindung der Festen Fehmarnbeltquerung wurden zunächst Erschütterungsmessungen an und um Gebäuden in der Nähe der Trasse vorgenommen. Mit Hilfe der Messungen kann die spezifische Ausbreitung der Schwingungen, welche je nach Bodenart unterschiedlich ist, ermittelt werden. Darauf aufbauend werden Prognosen für die zukünftig geplanten Verkehre berechnet. Im letzten Schritt folgt eine Ableitung von möglichen Schutzmaßnahmen wie besohlte Schwellen.
Wie entstehen Erschütterungen?
Fahrende Züge erzeugen mechanische Schwingungen, die entweder als Körperschall über das Erdreich oder aber als Luftschall übertragen werden. Der Körperschall, der mit zunehmendem Abstand abnimmt, breitet sich im Erdreich wellenförmig aus und kann sich von dort über das Fundament in ein Gebäude übertragen. Im Gebäude können durch die Wellen des Körperschalls Schwingungen auftreten, die wiederum Wände und Decken in ihren Resonanzen anregen. Dieses Vibrieren kann der Mensch über den Tastsinn wahrnehmen. Werden durch die Schwingungen der Decken und Wände hörbare Schallwellen erzeugt, spricht man vom so genanntem "sekundären Luftschall". Auch wenn eine Beschädigung von Mauerwerk und Putz auch bei Gebäuden, die sehr dicht an einer Bahnstrecke stehen, ausgeschlossen ist, versucht die Bahn, die Belastungen durch Erschütterungen möglichst gering zu halten.